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Carl Jacobsen’s Correspondence Archive

1892-06-19

Sender

Paul Hartwig

Recipient

Carl Jacobsen

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Transcription

Den 19. Juni 1892

Rom, Monte Tarpeo 69, II

Hochverehrter Herr Jacobsen!
Endlich bin ich in der Lage Ihnen über die Römischen Antiken Mittheilung zu machen.
Die Sachen von Kopf und Spiess sind gepackt und werden dieser Tage an Sie abgehen. Sie dürfen sie in vierzehn Tagen bis drei Wochen erwarten.
Es folgt - ausser den von Spiess und von Kopf erworbenen Sachen auch das archaische Relief mit dem Maulthier Kopfe bei, nachdem dessen Echheit sowohl von Helbig, als Martinetti, als auch von Anderen anerkannt worden ist. Ich freue mich dass Sie in dieser Sache Recht behalten haben. Wahrscheinlich ist es a 1 teampanisehe Kunst; ich werde es noch weiter untersuchen .
Die Zahlung an Kopf habe ich ausgelegt (500 Lire, wie verabredet war) und bitte Sie ergebenst, dieselbe an meine obige Adresse

zu schicken.
Kopf jammert sehr, dass er die Sizilischen Terracotten Köpfe hergegeben hat. Ich glaube, es war sehr gut, dass wir ihm nicht wissen Hessen, wohin sie gehen sollten.
Er bittet Sie, wenn möglich, Abgüsse der Köpfe machen zu lassen. In der That sind die Köpfe, wie ich mich überzeugt habe, ungewöhnlich.
Nun zur Tänzerin! Ich liess den Kopf abgiessen (ein Abguss folgt an Sie in der Sendung bei) und von Spiess, allerdings nur nothdürftig, aufmode 11iren. Das Resultat sehen Sie auf den beiliegenden Photographien.
Helbig und Kopf sind Beide von

der Zugehörigkeit der Statue zum Kopfe überzeugt, letzterer allerdings erst als er den Kopf etwas anders aufgesetzt hatte.
Die Photographien geben die Spiess'sche Aufstellung.
(Eine der beiden kleinen Photographien der Tänzerin "im Grünen" bitte ich Ihrer hochverehrten Frau Gemahlin als ricordo zu übergeben). - Ich liess auch sofort die kleine Replik der Tänzerin im Cabinet der Médailles in Pario (?) photographiren (61 cm hoch, Marmor), in der Hoffnung, dass Sie den Kopf noch hätte, aber er fehlt ja leider auch! Einer ist jedoch sehr wichtig: auch dieses Mädchen hatte kurze Haare, sonst müsste man auf dem Nacken Reste

der Haare sehen. Die Figur aus Villa Albani ist nur eine Verwandte unserer Tänzerin.
In Neapel, wo ich kürzlich auch einige Tage war, fand ich eine weitere Replik des Po 1yk1 etisehen Typus, von dem Sie einen Torso bei Spiess kauften. Kopf, Arme und Beine sind restaurirt. Dass die Figur ein Hermes war steht keinerwegs fest. Photographie liegt bei.
Den Kopf des sterbenden Diadochen hat Kopf abgegossen und mir für meine Studienzwecke den Abguss auf einige Zeit überlassen.
Kopf besitzt noch eine Sache (in der Privatwohnung, die eventuell

für Sie von Werth sein könnte. Es ist etwas, was für Gold sonst nirgends mehr zu haben ist, nämlich ein Asklepios Kopf von einem Hochrelief aus dem Asklepi^ion an der Akropolis von Athen.
Der Kopf ist etwa 9 cm hoch (nach meiner Schätzung aus dem Gedächtnisse) und von der herrlichen honiggelben Färbung, welche die Sachen von der Akropolis auszeichnet: wenn man ihn sieht, meint man die ganze Akropolis vor sich zu sehen. Kopf hat dieses Stück vor 20 Jahren als er mit Ernst Cuïtius reiste, aus Athen "mitgehen heissen". Wie Alles bei Kopf, ist es theuer. Er will 2.000 frcs: das ist viel und wenig, je nachdem; denn er ist

ja nur ein Estimationswerth. Wollen Sie den Kopf haben, so schreiben Sie es entweder mir oder Kopf direct. Ich gewann den Eindruck, dass Prof. Helbig sich nicht gern in diese Angelegenheit einmischen möchte.
Unter den beifolgenden Photographien, die ich Sie bitte sämmtliche zu behalten, finden Sie noch zwei Kleinigkeiten. Das eine sind 3 Fragmente eines griech. Votivreliefs, die ich hier im Kunsthandel fand. Ein Krieger steht vor einer mit einer Schlange umwundenen Säule auf welcher ein Athenabild steht. Auf der anderen Seite ist eine Victoria zu ergänzen, die eine Palme trug, wovon Sie noch Spuren auf dem Relief sehen. Der Typus ist selten ( 1 Mal in Paris, 1 Mal in London).

Gerhard (?) hat über diese Reliefs gehandelt in seinen academischen Abhandlungen. Das Relief war c/a 40 cm hoch.
Das zweite Stück ist a 1exandrienisch : ein (Brod)baum von dessen Zweig herab Weihgeschenke hängen. Denken Sie, das anschliessende Stück mit weidenden Heerdenvieh befindet sich in ............... beim Grafen Scutili. Ich will nächste Woche dahin und hoffe es zu erhalten. Dann wird es ein schönes Relief sein. Die Technik ist vortreff 1 ich. Höhe des Bruchstückes: 0,20, Bre i te : 0,30 m.
Drittens fand ich noch einen kleinen ganz merkwürdigen Torso: eine anscheinend jugendliche, männliche Figur

mit vier Locken im Nacken, ganz in ein wolliger Fell über welches jedoch ein griechischer Gewand geschlungen ist. Vielleicht ist es ein nordgriechischer, thessa1ischer Dionysos. Ich hoffe es noch herauszufinden. Sie erhalten diese Tage Photographien des Torso. Höhe: 0,41 m. Marmor, parisch.
Wollen Sie diese Sachen, so würde es mich herzlich freuen. Ich erwarb sie billig. Wenn Sie - ich spreche hier offen und frei zu Ihnen - meine Mühe des Auffindens ein wenig belohnen wollen, bin ich vollauf zufrieden.
Ich sagte Ihnen dass ich Gott danken muss, durch diese Combinationen meine Verhältnisse etwas zu verbessern, da meine sehriftstellerisehe Arbeit, nie alte

solche Sachen, nicht ausreichen, um auch nur das Notwendige zu beschaffen, übrigens bitte ich, in allen solchen Fällen das Urtheil Prof. Helbigs einholen zu wollen, wenn Sie das für thunlich finden.
Das würze die Antiken. Ich danke Ihnen herzlich für Ihr Anerbieten auf meine "Meisterschalen" zu subscribiren. Es ist jedoch in dieser Form nicht nöthig: das Werk erscheint in 200 Exemplare complett im Buchhandel, ohne vorherige Subscription.
Von Herzen freue ich mich, Sie in Kopenhagen begrüssen und Ihre

schöne Sammlung kennen lernen zu dürfen.
Es geht mir durch den Kopf neben dem Werke, "Epiktet", her eine Sammlung von Antiken verschiedener Kunstgattungen und verschiedener Art herauszugeben. Unsere Wissenschaft beruht auf Anschauung. Wie viel haben in Dieser Beziehung die älteren Archäologen (Gerhard, Panofka (?), Luynes (?), de Witte) geleistet und wie wenig leistet darin jetzt das Deutsche Institut. Den Muth zur Sache habe ich; das Andere wird sich finden, ebenso wie ich meine "Meisterschalen" durch schwere Klippen hindurchgelotst habe.
Was die

Angelegenheit der Erwerbung des Kopfes der Tänzerin von ............................ betrifft, so lege ich dieselbe ganz und vertrauen svo 11 in die Hände von Prof. Helbig.
Könnten Sie jetzt in Rom sein! Es ist schöner als je.
Fast keine Fremden, ein herrlicher, sommerlicher Himmel, ohne wirkliche Gluth. Ueber Mittag immer das frische "Ponente" vom Meer her.
Mit zwei englischen Freunden, einem Archäologen, Mr.
Jones und Lord Ronald Sones (?) (Schöpfer des Shakespeare-Monuments in Stratford-on-Avon) , durchstreife ich die Museen und die Campagna: Roma caput mundi! Mit ergebenster Empfehlung an Ihre hochverehrte Frau Gemahlin bin ich in grösster Hochachtung

Ihr ergebenster
Dr. P. Hartwig

P. S. Ich fand bei Spiess eine Marmorhand mit einem Diskos, die zweifellos zu einer Copie des Myronischen Discobolen gehörte.
Wenn wir die Statue dazu fänden, das wäre eine Freude. Natürlich würden Sie sie bekommen. Sie liegt vielleicht noch in Älbano an derselben Stelle, woher die Tänzerin und die Polykletisehe Athletenstatue stammt. Spiess will sich darum bemühen.

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