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Carl Jacobsen’s Correspondence Archive

1892-04-14

Sender

Paul Arndt

Recipient

Wolfgang Helbig

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Transcription

14/IV - 92.

Lieber Herr Professor!

Erlauben Sie, dass ich ganz offen u. ohne Rückhalt spreche.
Jakobsen hat meinen Besuch, den ich vor vier Tagen ihm u. seiner Frau machte, nicht erwidert. Das mag Zufall sein, aber der schlechte Mensch kombiniert.
Ich habe mich zur Herausgabe seiner Sammlung unaufgefordert gemeldet, sagen Sie, gedrängt. Als ich dies that, hatte ich von Ihrer Beteiligung am Zustandekommen derselben noch

keine Ahnung Jakobsen hat nie mit Einem Worte davon zu mir gesprochen. Ich weiss nicht, ob er die Publikation einem Anderen zugedacht hatte. Sind Sie es, so trete ich mit Freuden zurück; verständigen Sie Sich dann mit Bruckmann. Ist es ein anderer gescheiter Archeolog: sofort fallen meine Ansprüche.
Nur das Eine Interesse habe ich an der Sammlung u. ihrer Verwertung für die Wissenschaft: ich möchte nicht, dass die Sammlung in Unrechte Hände fällt.
Nicht in die Hände eines Archeologen, der noch nie plastische Monumente gesehen hat,

wenigstens nicht mit Verständnis u. Auge nicht in die Hände irgend eines Dänen, der darum nur, weil ein Däne die Sammlung besitzt, die Befähigung, sie herauszugeben, hat (denn dänische Archeologen giebt es nicht).
Wenn ich mich zur Publikation erboten habe, so geschah das, weil eine derartige Arbeit die einzige ist, durch welche ich, bei meiner unruhigen u. weit verzweigten Thätigkeit, die Sie ungefähr beurteilen können, auch geistig der Archeologie dienen kann. Ehrgeiz hat mich nicht dazu bewogen: Denn Anerkennung finden bei der heutigen Archaeologie

doch nur die sogenannten "schönen Entdeckungen", zu denen ich, aus angeborener Gründlichkeit kein Zeug habe; diese Eigenschaft ist mir überhaupt völlig fremd. - Sie werden mir wohl glauben, dass ich bei dem Vielen, was ich bisher auf meinen Reisen gesehen u. da ich ja schliesslich auch trotz meiner Vasentheorien kein Dummkopf geradezu bin, wohl im Stande gewesen wäre, mehr als einen Zeitschriftenartikel nach bekanntem Muster zu verfassen, der mir den Ruhm eines "tüchtigen" Archaeologen eingebracht hätte. Das will ich nicht, das ist nicht mein Ziel.

Hehn (?) schrieb mit 50 Jahren sein gelehrtes Werk, das epochemachend war; mit 60 u. 65 die beiden anderen, durch die er bewies, dass er auch "Mensch", ein Grosser war. So ungefähr möchte ich es auch machen.
- Geldgier hat mich noch weniger zum Anerbieten, Jakobsens Sammlung zu publicieren, bewogen. Ich kann das ja offen sagen: ich gebe das Werk vollständig ohne Honorar heraus.
Also ich hoffe, über diese Punkte sind wir im Klaren, und ich wünsche und bitte Sie, dies auch Jakobsen in

der geeigneten Form wissen zu lassen. Es macht mir Freude, seine Sammlung herauszugeben, weiter nichts; ich will weder von ihm noch von Bruckmann Geld.
Oder hat Sie u. ihn meine neuliche Bitte verletzt, zur Unterstützung des Portraitwerks beizutragen! Dass ich dabei nicht für mich gesprochen habe, erscheint wohl am ehesten aus der Thatsache, dass Bruckmann kontraktlich, auch wenn er das Werk aufgiebt, verpflichtet ist, mir mein Gehalt auszuzahlen.
Und ich führe dabei jedenfalls besser, da Sie begreifen, dass ich mit 4.000 Mark

nicht ganz Europa durchreisen u. dabei noch 400 Aufnahmen persönlich unentgeltlich hersteilen kann. Nicht wahr?

Aber vielleicht sehe ich schwarz.
-Wenn auch : es ist mir ganz lieb, wenn Sie die Lage der Dinge kennen u. mich beurteilen können.
Ich hoffe, lieber Herr Professor, dass diese offene Aussprache nicht das gute Einvernehmen stören wird, in welchem wir bisher gestanden haben!
Ich bin mit herzlichem Grusse
Ihr ergebener

Arndt.

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